Ritter von Gnadendorf


Geschichte - Ritter von Gnadendorf
 
Das Zeitalter der Marken, Herzogtümer und Burgen in Niederösterreich. (Friedrich Parisch)
Das Jahr 1000 schließt die Epoche der schnellen Eroberung im Anschluß an die Lechfeldschlacht (955) ab. Die Leitha, schon 991 erreicht, sollte die endgültige Ostgrenze Niederösterreichs bleiben. Die Grenze des deutschen Sprachraumes gegen Ungarn und damit die Ostgrenze Niederösterreichs war demnach in Zukunft nur mehr unwesentlichen Schwankungen unterworfen.
Nicht so gefestigt war dagegen die Nordgrenze, denn die Slawen in Böhmen hatten noch nicht zu solch fester staatlicher Konsolidierung gefunden, ja es ist eigentlich gar nicht so sicher, ob Mähren am Ende des 10. Jahrhunderts zu Böhmen oder zu Ungarn gehört hat. Machtpolitisch war also das Weinviertel, als sich südlich der Donau die Babenbergermark zu entfalten begann, ein Niemandsland, das in den nächsten Jahrzehnten von einem der drei anrainenden Völker, von den Bayern im Süden, den Böhmen im Norden oder den Ungarn im Osten, ausgefüllt werden mußte.
Die Babenbergermark hatte eine äußerst günstige Ausgangsposition. Denn bereits um 985 hatte sie über die Donau bis zum Wagram gereicht, im Jahre 1014 verlief die Grenze noch nördlich von Stockerau. Dort stieß in den nächsten Jahrzehnten die Ostmark während der ersten Regierungsjahre des Markgrafen Adalbert auf die Südgrenze des sich unterdessen ausgestaltenden böhmisch- polnischen Reiches. Der Zug des Mailberger Waldes war einige Zeit hindurch Grenze, das Pulkautal vorläufig noch böhmisch.
Als Kaiser Konrad II. am 4. Juni 1039 starb, folgte ihm sein Sohn Heinrich III. auf den Thron. Schon als König (seit 1028) hatte dieser Kämpfe gegen Slawen und Ungarn zu führen gehabt. Er war ja zugleich Herzog von Bayern und so im besonderen Maße am Geschehen im Südosten interessiert. Ihm ist auch die endgültige Sicherung und Erweiterung der Ostmark gegen Böhmen und Mähren einerseits, gegen Ungarn andererseits zu danken und mit ihm dem Markgrafen Adalbert und seinem Sohn. Es ging in erster Linie um das nordöstliche Landesviertel, das Weinviertel. Im Jahre 1039 begannen die Kämpfe gegen Böhmen und seinen Herzog Bretislaw I. Die Kämpfe wurden mit wechselndem Erfolg geführt.
Von dieser Gegend aus erfolgte dann ein weiteres Vordringen nach Norden über die Thaya hinaus. Herzog Bretislaw unterwarf sich im Oktober 1041 in Regensburg, leistete den Vasalleneid für Böhmen, und bestätigte die Thaya-Grenze. Sehr bald wurde nun südlich der Thaya zu beiden Seiten der Pulkau eine kleine Mark gegen Böhmen eingerichtet. Im Jahr 1055 wird sie ausdrücklich als „marchia Boemia" unter einem Markgrafen (Adalbero) genannt. Die „Böhmische Mark" im Norden der Altmark reichte vom Thaya-Durchbruch bei Frain-Herdegg im Westen bis zu den Falkensteiner und Pollauer Bergen im Osten. Im Süden reichte sie bis zu den Höhenzügen, die sich durch das westliche Weinviertel nördlich von Sitzendorf-Hollabrunn-Gnadendorf-Mistelbach hinziehen.
Da diese "Böhmische Mark" nur in einer einzigen Schenkung im Jahre 1055 an einen Haderich belegt ist, neigt die neuere Geschichtsforschung dazu, diese Mark, wenn sie überhaupt existiert hat, als Grenzsaum zwischen Böhmen und der Ostmark anzusehen. Der genannte Adalbero, aber auch Markgraf Siegfried in der angrenzenden „Ungarnmark" konnten sich keine eigenständigen Positionen aufbauen.
Die Versuche Heinrich III., mit Hilfe von Königsschenkungen Vertreter größerer Adelsgruppen für das Gebiet nördlich der Donau zu interessieren, waren weitgehend erfolglos. Offensichtlich ist es Adalbero nicht gelungen, die notwendigen Personen für die Besiedelung und Verwaltung aufzubringen. Diese Marken oder Grenzsäume dürften bereits in der 2. Hälfte des 11. Jhdt. an die Babenberger gefallen sein, die sie ihrer Mark einverleibt haben. Nicht ohne Grund finden sich alle einschlägigen Urkunden spätestens seit dem 12. Jhdt. im babenbergischen Archiv.
Zu den bereits im Lande lebenden Germanen und Slawen kamen nun neue Siedler. Daß diese, wie ihre Grundherren, vorwiegend aus Bayern kamen, dürfte feststehen, es lassen sich aber auch Beziehungen zu Sachsen und Thüringen, zu Westfalen und in die Rheinlande und natürlich auch nach Franken feststellen.
Als Leiter der Kolonisation traten Adelige aus allen Teilen des bayrischen Volksstammes und viele Klöster auf, die zu Grundherren wurden. Die Rolle dieser Grundherren war bei der Besiedelung überragend, zumal der Siedlungsvorgang in Gruppen und Verbänden erfolgt sein muß; später wurden sie zur beherrschenden Einrichtung. Die wichtigste Rolle bei der Erschließung des Landes hatten in der Frühzeit meist aus Bayern stammende adelige Familien, möglicherweise auch die Herren von Falkenstein.
Jetzt, nachdem die Grenzen gegen Ungarn und Mähren abgesteckt waren, wurde Ende des 11. Jahrhunderts mit dem Bau eines weiträumigen Gürtels von Steinburgen begonnen. Als erste dieser neuen Festungen wurde 1050 an der Ostgrenze aus Reichsmitteln die Festung Hainburg unter der Aufsicht Gebhards von Regensburg errichtet. Entlang der March, der Thaya, dem Pulkaubach, der Schmida und dem Göllersbach, am Kamp und an der Krems entstanden auf schwer bezwingbaren Höhenstellungen jene Steinburgen, die das nun deutsch besiedelte Grenzland vor mährischen Übergriffen schützen sollten.
In dieser Zeit dürfte die Burg Falkenstein entstanden sein. Hierfür gibt es jedoch keine urkundlichen Quellen. Die erste urkundliche Nennung von Falkenstein erfolgte 1118, die der Pfarre um 1122 und die der Burg 1308.
 
Gnadendorf in NÖ vor 1000 Jahren: Ein bis zwei Tagesritte von seiner Heimat entfernt wird ein 14-jähriger ungarischer Krieger mit großem Prunk und wertvollen Ausrüstungsgegenständen bestattet. Sein siebenjähriger Hengst wird mit Zaumzeug, Sattel und Steigbügeln neben ihm beigesetzt. Ein Jahrtausend später versuchen Archäologen, die Fragen rund um das rätselhafte Grab zu klären: Ist der junge Krieger an seiner Krankheit gestorben? Warum wurde er fernab der Heimat bestattet? Warum wurde ihm eine Ausrüstung mit ins Grab gegeben, die seinem Großvater gehört haben könnte? Das Grab des ungarischen Jünglings ist samt kostbaren Grabbeigaben und den erhalten gebliebenen Pferdeteilen im Rahmen der Ausstellung im Original zu sehen.
Highlights der Ausstellung: Exponate der Reiternomaden
Rund um den archäologischen Sensationsfund des jungen ungarischen Kriegers aus NÖ macht die Sonderausstellung die bewegte Epoche der Ungarneinfälle ins christliche Abendland lebendig. Exotisch anmutende Ausrüstungsgegenstände und Schmuck aus Deutschland, Ungarn und Österreich erzählen von den wilden und stolzen ungarischen Reiter-Kriegern, die Europa in „Schutt und Asche“ legten. Unter den Highlights: Das Schwert eines Bewohners der Befestigung von Gars am Kamp, silberbeschlagene Säbel ungarischer Reiterkrieger, prunkvolle Waffengürtel mit silbernen Schnallen, vergoldeten Gürtelbeschlägen und Taschendeckel, todbingende ungarische Pfeilspitzen aus eroberten Befestigungen (Niederösterreich), Überreste eines Reflexbogens, ein Bogenköcher mit schamanistisch anmutenden Motiven aus Silber und Armreife aus massivem Gold (Ungarisches Nationalmuseum Budapest).
Die Ungarneinfälle in Westeuropa
Auf der Suche nach neuem Siedlungsgebiet fielen die ungarischen Reiternomaden im frühen 10. Jahrhundert in Westeuropa ein. Die Schnelligkeit, mit denen die gewandten Reiterhorden ihre Beutezüge durchführten, versetzte das christliche Abendland in Angst und Schrecken. Die ostfränkischen Heere konnten die Reiterscharen über 50 Jahre nicht stoppen, die Ungarn gelangten bis an die Grenzen Dänemarks, nach Burgund, Südfrankreich, Italien und ins Elsass. Erst nach der vernichtenden Niederlage, die ihnen König Otto in der Schlacht auf dem Lechfeld 955 zufügte, stellten die Ungarn ihre Plünderungen ein. Die Umwandlung des reiternomadischen Stämmebundes zu einem mittelalterlichen, christlichen Staat begann. 
Heldengrab im Niemandsland. Ein frühungarischer Reiter aus NiederösterreichTaschendeckel-Heldengrab Gnadendorf
Säbel-Heldengrab GnadendorfSilberne Taschendeckel: Die silberne Taschendeckelplatte mit reliefiertem, gefiedertem Pflanzendekor auf vergoldetem Hintergrund stammt aus einem reichen ungarischen Kriegergrab in Szolnok. Erstes Drittel des 10. Jh. 
 Rekonstruktion Säbel aus Gnadendorf: der Säbel aus Gnadendorf war eine prächtige Waffe. Der hölzerne Griff war mit Hai- oder Rochenhaut überzogen. An der Außenkante des Säbels war der Griff mit einem verzierten Silberblech beschlagen. Am Griffende saß ein aus zwei Schalen bestehender Knauf
Schädel des Jugendlichen von Gnadendorf ohne Unterkiefer. Ein gut verheiltes Trauma am linken Hinterkopf hat nicht direkt zum Tod geführt, sondern muss drei bis sechs Monate vorher erfolgt sein. 
Silberne Köcherbeschläge des Bereitschaftbogens aus einem reichen Kriegergrab von Karos (Ungarn). Spätes 9./Frühes 10. Jh. Heldengrab im Niemandsland Ein frühungarischer Reiter aus Niederösterreich. Begleitbuch zur Ausstellung des RGZM, 2006